Heimweh

Wo der erfolgreiche Roman "Ein irischer Dorfpolizist" (BP/mp 17/692) für mich persönlich eher unterhaltsam-seicht dahingeplätschert ist, hat mich "Heimweh" nun wirklich überrascht. Graham Norton hat einen packenden Roman verfasst, toll erzählt Heimweh und auch mit geschichtlichen Bezügen ausgearbeitet. Und auch hier ist wieder ein kleines irisches Dorf der Mittelpunkt des Geschehens. Es geht um die unglücklichen Verstrickungen einer Gruppe Jugendlicher, die zufällig an einem Tag gemeinsam in einem Auto saßen, und deren Leben und das des ganzen Dorfes danach nie mehr wie vorher sein sollte: Ein Sommertag Ende der 80er, sechs junge Leute machen mit dem Auto einen Ausflug ans Meer. Auf dem Rückweg passiert dann ein schrecklicher Unfall. Drei von ihnen werden diesen Tag nicht überleben - ein junges Paar, das am nächsten Tag heiraten wollte und eine Brautjungfer; die andere überlebt schwer verletzt. Beinahe unverletzt sind Martin, der Arztsohn, und Connor, ein stiller Außenseiter, der eigentlich nicht zur Clique gehörte - er saß am Steuer. Der ganze Ort ist wie gelähmt und für Connors Familie scheint es unausweichlich, den Jungen erst einmal wegzuschicken. Er geht nach dem Prozess für eine Weile nach England zum Arbeiten, der Plan ist, bis sich die Wogen geglättet haben, doch es sollten Jahrzehnte fern der Heimat werden. Während dieser Zeit begleitet der Autor die Protagonisten weiter, die einzelnen Stränge laufen auseinander und dann am Ende im Dorf doch wieder überraschend und tragisch zugleich zusammen. Dabei kommen Nortons Erzähltalent und Gespür für (Zwischen-)Menschliches großartig zum Tragen. Unbedingt lesenswert!

Carolin Ahrabian

Carolin Ahrabian

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Heimweh

Heimweh

Graham Norton ; aus dem Englischen von Silke Jellinghaus und [einer weiteren]
Kindler (2021)

380 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 983484
ISBN 978-3-463-00024-4
9783463000244
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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