Hoffe
Eigentlich hatte Papst Franziskus seine Autobiografie als Vermächtnis gedacht, nach seinem Tod zu veröffentlichen, aber nun hat er sich dazu entschieden, sie schon jetzt im Heiligen Jahr 2025, für das er das Motto "Pilger der Hoffnung" gewählt
hat, vorzulegen – als Ermutigung für alle Christen, ihr Leben als eine Begegnung mit Christus zu verstehen. So schildert er seinen Lebensweg von seiner Kindheit ausgehend, die italienische Auswandererfamilie in Argentinien, Schulzeit und Ausbildung als Chemielaborant. Dann sehr ausführlich seine Berufungsgeschichte, die anfangs eher zum Leidwesen seiner Mutter verläuft. Schließlich der Weg in den Jesuitenorden, Philosophie- und Theologiestudium; mit 36 wird er bereits zum Provinzial ernannt. Kaum etwas erfährt man über seine Jahre als Erzbischof, aber dieser Lebensrückblick ist – trotz chronologischer Grundstruktur – auch nicht systematisch, sondern eher assoziativ, mit ständigen Rück- und Vorausblicken, und er ist auch nicht vollständig (die Monate in Deutschland 1985/86 etwa werden überhaupt nicht erwähnt). Dafür erfährt man natürlich nebenbei viele Hintergründe dieses Lebenswegs, die schwierigen Jahre während der argentinischen Diktatur, die Armut vieler Menschen, denen der Jesuitenprovinzial und dann Bischof begegnet. Ab den Kapiteln zu Konklave und Papstwahl, zu Papstreisen und Kurienreform kommen natürlich die (freilich auch bisher schon bekannten) Positionen des Papstes zu Krieg und Frieden, zu Armut, zum Umgang mit sexuellem Missbrauch, zur Rolle der Frauen in der Kirche, zu seinem Verhältnis zu seinem Vorgänger Benedikt XVI. usw. immer wieder zur Sprache. Aber Papst Franziskus spricht nicht nur von seinen theologischen Überzeugungen, sondern ganz offen auch von seinen eigenen Gefühlen, wenn er etwa Opfern von schlimmster Gewalt begegnet, angesichts der Corona-Pandemie oder der Kriege in der Ukraine oder in Gaza. Doch verliert er nie seine grundsätzliche Zuversicht, dass "die tiefere, fröhlichere, schönere Wirklichkeit … für uns und für alle, die wir lieben, noch kommen" wird. Entscheidend für diese Autobiografie sind eben nicht so sehr die Ereignisse im Leben des Papstes – vielmehr die spirituelle Deutung, die Papst Franziskus ihnen vom Evangelium her gibt und die er seinen Leserinnen und Lesern weitervermitteln will. Und so kann Papst Franziskus auch in einer Welt voller Herausforderungen und ungewisser Zukunftsperspektiven dazu aufrufen, voller Hoffnung und mit dem Beistand des Heiligen Geistes gemeinsam die Zukunft zu gestalten. "Und wenn euch eines Tages Ängste und Sorgen befallen, dann denkt an jene Szene im Johannes-Evangelium, in der die Hochzeit von Kana beschrieben wird… Und sagt euch: Der beste Wein kommt erst noch auf den Tisch."
Thomas Steinherr
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Hoffe
Papst Franziskus ; mit Carlo Musso ; aus dem Italienischen von Elisabeth Liebl
Kösel (2025)
384 Seiten : Illustrationen
fest geb.