Saul

Das theokratisch strukturierte Volk Israel möchte einen König als Herrscher. Nur zögerlich stimmt Gott zu; der junge Saul wird - fast gegen seinen Willen - zum neuen Herrscher. Nach anfänglichen militärischen Erfolgen entscheidet sich der immer Saul mehr von Selbstzweifeln geplagte Herrscher gegen die göttlichen Gesetze und wird so selbst zur Gefahr der neuen Gesellschaftsordnung. Da erscheint der junge David, der nicht nur das Volk, sondern auch Sauls eigenen Sohn Jonathan so betört, dass alle nur noch an David glauben. Als Jonathan im Kampf gegen die Philister fällt, erkennt Saul für sich, dass sein Leben gescheitert ist, und bringt sich um. - Botho Strauß thematisiert mit der Erzählung im 1. Buch Samuel den politischen Systemwechsel von der Theokratie zur Monarchie. Viel mehr ist sein Stück aber eine Tragödie über einen Menschen, der den Erwartungen an ihn nicht gerecht werden kann, der seine eigenen Grenzen erkennt und schließlich völlig deprimiert nur im Tod den Ausweg sieht. Dadurch ähnelt das Stück durchaus im Ansatz klassischen Tragödien. Das Interessante an Strauß' Drama - das von ihm im Anhang selbst als recht uninszenierbar bezeichnet wird - ist aber vor allem die Sprache, in der der Autor sich (im Gegensatz zu anderen modernen Bearbeitungen biblischer Stoffe) bewusst an der alttestamentarischen Sprache orientiert. In der Kritik wird Strauß' Altersstück von seiner literarischen wie dramatischen Qualität her kontrovers diskutiert. Dennoch durchaus interessant für große Bestände.

Günter Bielemeier

Günter Bielemeier

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Saul

Saul

Botho Strauß
Rowohlt (2019)

91 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 599925
ISBN 978-3-498-00135-3
9783498001353
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.