Oniritti Höhlenbilder
In der Höhle begann der Zweifel an der Wahrnehmung, die Bilder in Platons Höhle zeigen nur den Schein der Dinge. Botho Strauß, der sein Gehirn einmal als eine "Tropfsteinhöhle außer Dienst" bezeichnet hat, stellt Platon sozusagen auf den Kopf. Die "Höhlenbilder" im Titel seines Buches sind Programm und Inhalt zugleich. Der Autor wendet sich von den "netzgenerierten Arachnoiden (den spinnenähnlichen Netzbewohnern)" ab und will zur Ursprünglichkeit der Dinge vordringen. Was dabei herauskommt, sind feingeschliffene Mini-Erzählungen und Aphorismen über neue Wahrnehmungs- und Körperwelten, die ganz anders erscheinen als die uns vertrauten. Es geht um die Mythen des Alltags und die kleine Geschichte, um Paradies und Hades, um Mensch und Tier. Wir erkennen die straußtypische Trauer über das Verschwinden der Bilder und Sinnbilder, wir sehen den Spott auf das virtuelle und die Sehnsucht nach einem pneumatologischen Zeitalter. Keine leichte Kost, aber eine gewiss lohnende. - Empfehlenswert für größere Bestände.
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.
Oniritti Höhlenbilder
Botho Strauß
Hanser (2016)
276 S.
fest geb.