Honig mit Salz

Drei, zwei, eins. Zwei Erwachsene und ein Kind oder genauer gesagt ein Elternpaar und eine Teenagertochter (13 +). Mama, Papa und Ari verbringen in dieser Dreierkonstellation ihren Urlaub auf einer griechischen Insel. Eigentlich könnte das schön Honig mit Salz werden, aber irgendwie stimmt da etwas nicht, ist etwas aus dem Gleichgewicht geraten und es brodelt. Wenn die Eltern am ersten Tag noch als eingespieltes Team erscheinen und man zumindest abends in lustig beschwingter Ferienlaune zusammen essen geht, zeigt sich am Morgen des zweiten Tages bereits eine angespannte Stimmung. Statt gemeinsam etwas zu unternehmen, muss die Mutter arbeiten und Ari fährt mit dem unzufriedenen Vater an den Strand. Ari sagt nichts dazu. Sie guckt nur. So wie Ari ohnehin nicht mit ihren Eltern kommuniziert, weder etwas sagt zu den Streitigkeiten der beiden untereinander noch zu anderen Dingen. Reden kann Ari nur via Sprachnachricht an die geliebte beste Freundin Elif. Und wenn sie sich aus dem Spannungsfeld der Eltern entfernt und eine kleine, luftige, erste Urlaubsliebe erlebt. - Tamara Bach erzählt mal wieder brillant unaufgeregt und klar vom Erwachsenwerden. Als Erzählerin stellt sie Ari in den Mittelpunkt und erlaubt ihr eine Auszeit vom Reden. Sie darf beobachten, muss keine Partei ergreifen und entzieht sich einer Allianz, die von den Eltern auf wenig subtile Weise immer wieder gefordert wird. Dabei ist sowohl das, was die Eltern nicht sagen oder nicht machen, als auch das, was sie stattdessen machen, im besten Sinne irritierend. Erwachsenwerden kann ja nur eine sich verändernde Beziehung zu den Eltern bedeuten und auch wenn Ari zu beiden eine enge Bindung zu haben scheint und traurig über ein Ende als Familie ist, braucht sie Abstand zu beiden. Als Teenager hat sie nur begrenzt Möglichkeiten dazu, umso intensiver erlebt sie dann so kleine Ausflüchte wie Schwimmen im Meer, bei dem sie schwerelos zu sein scheint und weit hinausschwimmt. Bloß weg. Irgendwie den eigenen Weg finden. Die erste sprachliche Äußerung, die die Heldin gegenüber ihren Eltern macht, ist ein sehr befreiendes "Nein." Tamara Bach formuliert nie aus, schafft es aber mit punktgenauen Bildern, eine Gefühlslage zu evozieren. Rhythmus und Sprache sind perfekt. - Sehr gerne empfohlen für alle Bestände.

Anna Winkler-Benders

Anna Winkler-Benders

rezensiert für den Borromäusverein.

Honig mit Salz

Honig mit Salz

Tamara Bach
Carlsen (2023)

158 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 613274
ISBN 978-3-551-58499-1
9783551584991
ca. 14,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: J
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