Die Gefühle

Ich-Erzähler Jean Detrez arbeitet bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Auf einer Klausurtagung von Zukunftsforschern in der Nähe von London lernt er die Estin Enid Eelmäe kennen. Jean ist ein kluger Beobachter, der die anderen Teilnehmer Die Gefühle kritisch beäugt. Den letzten Abend mit Enid beschreibt Jean im Schwebezustand seiner Gefühle; er lässt den Moment verstreichen, ihr näher zu kommen. Auch in den beiden anderen Teilen des Romans stehen die Gefühle im Zentrum. Jean denkt über die Gleichzeitigkeit der Ereignisse nach: Der Tod seines Vaters fand im selben Jahr, 2016, wie der Brexit und die Wahl Trumps statt, beide Male Tiefpunkte der Geschichte, wie er findet. Er vergleicht sie mit Stefan Zweigs "Sternstunden der Menschheit". Für ihn war so ein Ereignis der Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull im Jahr 2010, der ihn als Mitglied der Europäischen Kommission zu Entscheidungen im Flugverkehr zwang, die Auswirkungen für das Leben der Bürger hatte. - Der zweite Roman Toussaints mit Jean Detrez (nach "Der USB-Stick", der wie ein Polit-Thriller daherkam, s. BP/mp 20/713), legt den Fokus auf das Innenleben des Protagonisten. Das läuft den möglichen Lese-Erwartungen entgegen, die in einem Roman über einen Zukunftsforscher als Protagonisten geweckt werden.

Karin Blank

Karin Blank

rezensiert für den Borromäusverein.

Die Gefühle

Die Gefühle

Jean-Philippe Toussaint ; aus dem Französischen von Joachim Unseld
Frankfurter Verlagsanstalt (2021)

241 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 606086
ISBN 978-3-627-00287-9
9783627002879
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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