Die Schattenfängerin
Mit 15 verliert Stella ihren Vater. Mit ihm lebte sie allein, aber nicht einsam, in einem Hügelhaus, von der Außenwelt abgeschottet, ihre Mutter hatte sich selbst schon vor Jahren in ein Sanatorium eingewiesen. Das Leben von Vater und Tochter war
ein zusammenschweißendes Mysterium: Jährlich brach der Vater zu mehrwöchigen Sonnenfinsternisexkursionen auf, finanzierte das Leben mit dabei gesammelten Meteoriten, unterrichtete Stella privat, brachte ihr das Autofahren bei. Auch wenn beide im Dorf als Sonderlinge galten, wendet man sich Stella unterstützend zu, während sie die früheren Ungewöhnlichkeiten fortführt. Sie tritt die Nachfolge des Totengräbers der Gemeinde an, erwirkt beim Bürgermeister eine Autofahrerlaubnis, stattet der Mutter einen Besuch ab. Vor allem aber beschäftigt sie sich mit den Aufzeichnungen und Expeditionsgerätschaften des Vaters. Kaum "volljährig" und im Besitz von Reisedokumenten, startet sie entgegen allen Reisewarnungen zu ihrer ersten Sonnenfinsternisexpedition nach Kongo. Von dort kommt sie bereichert und verändert ins Haus auf dem Hügel zurück und stürzt sich, nach einem weiteren Besuch bei der Mutter, wieder in Vaters Aufzeichnungen. Auch die Eröffnung in seinem erst jetzt gelesenen Abschiedsbrief, dass sie nicht die leibliche Tochter ihrer Eltern ist, bricht ihre Entdeckerinnensehnsucht nicht. – Eine fantasievoll, mythisch-mystische, packend erzählte Geschichte über eine außerordentliche Tochter-Vater-Beziehung. Die Sehnsucht nach Heilung und gelingendem Leben treibt die Protagonisten und zeigt den Lesenden ihre Normalität. Für Erwachsene und Jugendliche empfohlen.
Rolf Pitsch
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Schattenfängerin
Michael Stavaric
Luchterhand (2025)
282 Seiten
fest geb.