Anne Weber erhält für ihren Roman „Annette, ein Heldinnenepos” den Deutschen Buchpreis 2020. Darin porträtiert sie die Französin Anne Beaumanoir und ihr „unwahrscheinliches Leben”. In der Begründung der Jury heißt es: „Es ist atemberaubend, wie frisch hier die alte Form des Epos klingt und mit welcher Leichtigkeit Weber die Lebensgeschichte der französischen Widerstandskämpferin Anne Beaumanoir zu einem Roman über Mut, Widerstandskraft und den Kampf um Freiheit verdichtet.” In ihrem Roman gehe es um nichts weniger als die deutsch-französische Geschichte als eine der Grundlagen des heutigen Europas.
Anne Weber wurde 1964 in Offenbach (Main) geboren und lebt seit dem Abitur 1983 in Paris. Sie übersetzt Belletristik und Sachbücher ins Französische (u.a. Birgit Vanderbeke, Sibylle Lewitscharoff und Wilhelm Genanzino). Seit 1998 veröffentlicht sie außerdem eigene Werke in deutscher und französischer Sprache. 2017 stand sie mit „Kirio” auf der Shortlist der Leipziger Buchmesse.
Anne Weber erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf Finalist*innen erhalten jeweils 2.500 Euro. Mit dem Deutschen Buchpreis 2020 zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Förderer des Deutschen Buchpreises
ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main. Die Deutsche Welle unterstützt den Deutschen Buchpreis bei der Medienarbeit im In- und Ausland.
Annette, ein Heldinnenepos
Annette Beaumanoir kommt 1923 in einem kleinen Fischerdorf in der Bretagne zur Welt. Zum Medizinstudium geht sie 1942 nach Paris und tritt der kommunistischen Partei bei. Blauäugig sucht sie Kontakt zur Résistance, klebt Plakate und verteilt Flugblätter.
Eigenmächtig versteckt sie untergetauchte Juden bei ihren Eltern in der Bretagne. Nach dem Krieg nimmt sie ihr Studium wieder auf, heiratet einen Kollegen und bekommt zwei Söhne. Weil sie mithilft, Geld für die Nationale Befreiungsfront Algeriens ins Ausland zu transferieren, wird sie 1959 festgenommen und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Ihr gelingt die Flucht nach Tunis, doch Mann und Kindern wird die Ausreise verwehrt. Sie erlebt die algerische Unabhängigkeit und bekommt in dem jungen Staat die Aufgabe, das Gesundheitswesen aufzubauen. Desillusioniert verlässt sie nach dem Militärputsch 1965 das Land. Den Traum eines sozialistischen Staates, in dem alle Menschen in Freiheit und Wohlstand miteinander leben können, muss sie begraben. - Anne Weber ist mit ihrem Buch über die französische Widerstandskämpferin Beaumanoir ein Wagnis eingegangen. Sie erzählt ihre Geschichte in der Form eines Epos, zwar nicht in Reimen und ohne Blocksatz, dafür aber in Versen. Doch das Schicksal der mutigen Frau nimmt beim Lesen schnell gefangen. Weber berichtet chronologisch, mit dem Wissen und dem Abstand, den die vergangene Zeit ermöglicht. Sie erklärt, kommentiert und stellt manches in Frage. Ein lesenswerter Lebensbericht einer ungewöhnlichen Frau.
Susanne Emschermann
rezensiert für den Borromäusverein.

Annette, ein Heldinnenepos
Anne Weber
Matthes & Seitz (2020)
207 Seiten
fest geb.