Hanns und Rudolf
Das Buch ist eine Doppelbiografie über den Kommandanten von Auschwitz, Rudolf Höss, und Hanns Alexander, einen Juden, wobei zunächst einmal vom Lebensweg beider Hauptcharaktere in kleinen Portionen abwechselnd und getrennt voneinander detailliert
berichtet wird. Stahlhart und ehrlich, ohne die Ereignisse der jüngeren Geschichte zu beschönigen, verzichtet Thomas Harding, der Großneffe Alexanders, Gott sei Dank auf die Klischee-Keule: Höss, Alexander wie auch die Führer der Siegermächte werden in ihrem Handeln etwas differenzierter betrachtet. Das überzeugt! Selbiges gilt auch für den Stil, der sich so flüssig liest, dass an ein vorzeitiges Abbrechen der Lektüre nicht zu denken wäre. Zumal das Beste am Schluss kommt: Irgendwann führen die getrennt verlaufenden Wege beider Protagonisten zusammen und die Rollen ändern sich; Alexander wird vom gejagten Juden zum Nazi-Jäger, Höss vom Juden-Jäger zum gejagten Nazi. - Wer Interesse für die Geschichte der Weimarer Republik, des Dritten Reiches und der Nachkriegszeit aufbringt und zudem vor genauesten Beschreibungen von Vernichtungsmethoden nicht zurückschreckt, dem sei dieses Werk ans Herz gelegt.
Richard Niedermeier
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Hanns und Rudolf
Thomas Harding
Dt. Taschenbuch-Verl. (2014)
398 S. : Ill.
fest geb.