Fallensteller
Einige der zwölf Erzählungen aus dem neuen Band von Saša Stanišic kehren nach Fürstenfelde zurück, ein uckermärkisches Seldwyla (nach dem Novellenzyklus von Gottfried Keller) voller Schelme, Scharlatane und Schwerenöter. Und auch der Tonfall ist ähnlich wie in dem mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2014 ausgezeichneten Debütroman "Vor dem Feste" (BP/mp 14/693): melancholisch, aber nicht jammernd, munter-verspielt und frei von bierernsten Belastungen. Und wenn dann in einer Erzählung mal ein Brauerei-Justiziar vorkommt, so schickt der Erzähler ihn flugs auf eine rumänische Germanistenkonferenz, wo er lernt, dass man mit den Vokabeln "kafkaeskul" und "groteskul" auch betrügerische Taxifahrer beeindrucken kann. Die beste Geschichte ist gewiss die Titelgeschichte. Der titelgebende "Fallensteller" kommt in das Dorf und beobachtet, wie Weidetierhalter, Schweinezüchter, Tierschützer, Oberförster und Rissbegutachter sich mit den einfallenden Wölfen herumschlagen. Das alles ist höchst vergnüglich beschrieben. Der Autor ist ein fabelhafter Erzähler, den Schalk im Nacken, sprachlich virtuos und seinerseits klug genug, seine Figuren nicht ganz blindlings in die Fallen des Lebens tappen zu lassen, obwohl er für den Leser manche ironische Lesefalle zu stellen weiß. Das Wundern hört deshalb auch beim zweiten Lesen nicht auf. Ein solches Buch gehört in alle Bestände.
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.
Fallensteller
Sasa Stanisic
Luchterhand (2016)
279 S.
fest geb.