Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne
So ungewöhnlich, hintergründig und humorvoll wie der Titel des neuen Werks von Saša Stanišic anmutet, ist das gesamte Buch. Spielerisch lotet er hier verschiedene Möglichkeiten aus, ein philosophisches Thema erzählerisch umzusetzen. Es geht ihm
um die Frage, wie es wäre, verschiedene Versionen des eigenen Lebens auszuprobieren, sich für oder gegen manche Erlebnisse zu entscheiden und sein Schicksal zu verändern. Ganz unterschiedlichen Figuren, von jugendlichen Halbstarken bis hin zu älteren Damen, widmet er einzelne Kapitel, die inhaltlich mal mehr und mal weniger verknüpft sind. Sogar Heinrich Heine und ein Autor namens Saša Stanišic tauchen auf. Migrationshintergrund spielt immer wieder eine Rolle und natürlich auch die Frage, welchen Einfluss die Umstände unserer Lebenssituation auf den Verlauf und die Möglichkeiten unserer Zukunft haben. Genial, wie er es schafft, mit absolut authentischem Ton die verschiedenen Denkweisen, Sehnsüchte und Ängste seiner Figuren lebendig werden zu lassen. Er hat ein Gespür für Situationskomik und manche Dialoge sind zum Schreien lustig. Eine Kuriositätensammlung, die Spaß macht und zum Nachdenken anregt.
Franziska Knogl
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne
Sasa Stanisic
Luchterhand (2024)
254 Seiten
fest geb.