Die Ermordung Margaret Thatchers

Die zehn kurzen Erzählungen der einzigen Schriftstellerin, die zweimal den Booker-Preis erringen konnte ("Wölfe" 2009, "Falken" 2012), schildern einfache Alltagssituationen, ebenso Fiktionen oder auch phantastische Traumvorstellungen. Entsprechend Die Ermordung Margaret Thatchers der klassischen Struktur der Short Story werden die Protagonisten an einen entscheidenden Wendepunkt im Leben geführt. Alle Geschichten werden aber auch dem Leser zum Abenteuer, weil die Autorin es nicht bei der meisterhaften, oft auch ironisch gebrochenen Schilderung des äußeren Geschehens bewenden lässt, sondern dem Leser stets eine vage Ahnung von der Doppelbödigkeit des Geschilderten spüren lässt. Es ist auch faszinierend und schockierend mitzuerleben, wie sie die Psyche ihrer Protagonisten geradezu sezierend freilegt, sich in die Abgründe der menschlichen Seele - auch die des Lesers - hineinbegibt und zwar ohne jede Wertung, leidenschaftslos deskriptiv wie ein Wissenschaftler. Dies ist zum Beispiel bei der titelgebenden Geschichte, die die fiktive Ermordung der britischen Premierministerin beschreibt, besonders auffällig. Kein Wunder, dass dieser Text in Großbritannien für erhebliche Kontroversen sorgt. Erschreckende Teilnahmslosigkeit und Mitleidlosigkeit zwischen Geschwistern ist das Thema in dem Text mit dem doppeldeutigen Titel "Das Herz versagt ohne Vorwarnung". Bei allen Geschichten zeigt sich die Meisterschaft dieser vielfach preisgekrönten Autorin - ganz im Gegensatz zu ihren umfangreichen historischen Romanen - nicht an der breiten Ausmalung, sondern an der knappen, aber treffsicheren Skizzierung von Situationen und Personen. Unbedingt empfehlenswert. (Übers.: Werner Löcher-Lawrence)

Die Ermordung Margaret Thatchers

Die Ermordung Margaret Thatchers

Hilary Mantel
DuMont (2014)

157 S.
fest geb.

MedienNr.: 578490
ISBN 978-3-8321-9768-1
9783832197681
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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