Peter Holtz
Der Glaube ist, so hat Ingo Schulze beim Katholikentag 2016 gesagt, die "Entscheidung für die Gewinnchance". Beglaubigt hat er das in seinem neuen Roman. Peter Holtz heißt der Held, der auf die Reise in die DDR und das wiedervereinigte Deutschland geschickt wird, von den 1970er Jahren bis zur Jahrhundertwende: ein ausgerissenes Waisenkind, später Maurer in Berlin-Treptow, einfach gestrickt, mit großer Angriffsfläche für groteske Episoden, etwa ein Kunstgespräch mit dem Bundeskanzler oder das Beten bei einem Parteitag der Ost-CDU in der Galiläakirche. Peter Holtz ist für die Gleichheit der Menschen und glaubt an das Gute. Das Glück klebt ihm an den Fersen. So macht er, eine Mischung aus Faust light und mephistophelischem Schelm, aus den schlimmen Dingen brauchbare und aus den scheinbar nützlichen wertlose. Wie ein roter Faden kommentiert das Geld den Glauben der Hauptfigur, es ist die kapitalistische Quittung für die christlichen Ideen von Nächstenliebe und Gerechtigkeit. Doch es wäre kein Roman von Ingo Schulze, der 1998 mit seinen "Simplen Storys" die deutsche Post-Wende-Literatur aufgemischt hat, hätte das Ganze nicht ein ziemlich absurdes, den Börsencrash vorwegnehmendes Ende. Peter verbrennt sein in Baugeschäften verdientes Geld öffentlich und landet in einer geschlossenen Anstalt, als "erster ökonomischer Häftling". Ingo Schulze schreibt eine witzige Rollenprosa, die Handlung und ihr Held können sich vor lauter guten Einfällen kaum retten, ein Schelmenroman über ein neues deutsches Wirtschaftswunder, sehr empfehlenswert.
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.
Peter Holtz
Ingo Schulze
Fischer (2017)
570 S.
fest geb.