Zu Gast im Westen
Ingo Schulzes neues Buch ist eine Mischung aus journalistischen Texten, tagebuchähnlichen Notaten sowie feuilletonistischen Aufzeichnungen und als solche das Produkt des Selbstversuches eines ostdeutschen Intellektuellen, der sich ins Ruhrgebiet versetzt sieht, um sich dort mit Geschichte und Gegenwart des "alten Westens" auseinanderzusetzen. Schulze, der die Zeit von Oktober 2022 bis März 2023 auf Einladung der Brost-Stiftung als Metropolenschreiber Ruhr in Mühlheim verbrachte, schildert in insgesamt 19 Beiträgen die Erfahrungen, die er in der Region gemacht hat, und deckt dabei eine große Bandbreite an Themen ab: Kulturveranstaltungen werden ebenso beschrieben wie Fußballspiele, Besuche in örtlichen Schulen sowie individuelle Sightseeing-Touren, bei denen Einheimische als Stadtführer fungieren. Bei den Texten, die nun zu dem Band "Zu Gast im Westen" zusammengefasst sind, handelt es sich um eine im besten Sinne des Wortes kritische Analyse der gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Situation Deutschlands, die weit über den westlichen Landesteil hinausgeht und sich facettenreich dem Ruhrgebiet als geistige Lebensform annähert. Die Fans von Ingo Schulze erkennen auch in diesem Buch die angestammten Themen des Autors, die er dieses Mal nicht in Form eines großen Romans präsentiert, sondern in kürzere und kurzweilige Essays kleidet.
Antonie Magen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Zu Gast im Westen
Ingo Schulze
Wallstein (2024)
344 Seiten
fest geb.