Robinsons Tochter
Anfang des 20. Jh. kommt die sechsjährige Halbwaise Polly Flint zu den ältlichen Schwestern ihrer verstorbenen Mutter an die nordenglische Küste. Als kurz darauf das Schiff ihres Vaters untergeht, muss das Mädchen lernen, sich auf Dauer in dem abgeschiedenen gelben Haus von Aunt Mary und Aunt Francis zurechtzufinden. Trost findet sie in der großen Bibliothek des Hauses, Robinson Crusoe von Daniel Defoe wird ihr Lieblingsbuch. Es begleitet sie durch ein wechselvolles Jahrhundert bis ins hohe Alter. Wie Robinson fühlt sie sich auf einer einsamen Insel ausgesetzt. Ohne Kontakt zu Gleichaltrigen, ohne die Möglichkeit zum Austausch entwickelt sie Strategien, die Einsamkeit zu bewältigen. Als Aunt Francis einen Geistlichen heiratet und mit ihm nach Indien in die Mission geht, ändert sich das Leben für Polly. Sie lernt Arthur, einen Freund der Familie kennen, der sie mit nach Yorkshire nimmt. Dort führt seine Schwester Celia ein offenes Haus, in dem zahlreiche illustre Gestalten und Künstler verkehren, u.a. das Ehepaar Leonard und Virginia Woolf. Im Laufe der Jahre lernt sie, dass ein erfülltes Leben auch ohne das tradierte Lebensmodell Mann-Frau-Kinder möglich ist. - Der bereits 1985 erschienene Roman wurde erst jetzt von Isabel Bogdan ins Deutsche übersetzt, wie immer feinfühlig und pointiert. Ein Lesegenuss für Literaturfreunde!
Susanne Emschermann
rezensiert für den Borromäusverein.
Robinsons Tochter
Jane Gardam ; aus dem Englischen von Isabel Bogdan
Hanser Berlin (2020)
316 Seiten
fest geb.