Goethe ruft an
Eines Tages klingelt das Telefon in der Berliner Altbauwohnung des Erzählers, der sich als Schriftsteller mehr schlecht als recht durchschlägt und "schon seit längerem an etwas Größerem" sitzt. Am anderen Ende ist sein erfolgreicher Kollege, den er respektvoll Goethe nennt. Goethe bittet ihn, die Leitung für den fünftägigen Kurs "Leichtschreiben" in einem Hotel in der Lausitz für ihn zu übernehmen. Der Erzähler sagt zu und macht sich mit Goethes Manuskript im Gepäck auf den Weg. Es kommt, wie es kommen muss: den Seminarbeginn verschläft er, das Manuskript verliert er und die Teilnehmer stellen sich als haushoch überlegen heraus. Einer von ihnen ist der Rezensent Schwamm, der einst eines seiner wenigen Werke in Grund und Boden herabwürdigte. Eine weitere Teilnehmerin, genannt Hedwig Courths-Mahler, setzt ihre weiblichen Waffen ein, um dem Erzähler das nicht mehr vorhandene Manuskript abzuschwatzen. Fräulein Rottenmeier, so genannt wegen ihrer gouvernantenhaften Art, nebst Gemahl Hermann komplettieren die illustre Runde. Nach teilweise hitzigen Debatten über den ersten Satz im Roman, Leicht-, Tief- und Entfernungsschreiben, findet am dritten Tag eine denkwürdige Kahnfahrt statt, die für den Erzähler die Initialzündung ist. Wie ein Besessener beginnt er zu schreiben, um den Teilnehmern ein vorgebliches Goethemanuskript präsentieren zu können. Er ist fast fertig, als Goethes Assistentin und mit ihr das verloren geglaubte Originalmanuskript auftauchen und für Aufregung sorgen. - John von Düffel findet sich in beiden hier präsentierten Schriftstellern wieder. Wie für die meisten Autoren bedeutet Schreiben ein stetes Auf und Ab zwischen der Angst vor dem Scheitern und der Euphorie bei einem jedoch nicht vorhersehbaren Erfolg. Ein heiterer Roman voller Sprachwitz. Gern empfohlen.
Birgit Fromme
rezensiert für den Borromäusverein.
Goethe ruft an
John von Düffel
DuMont (2011)
317 S.
fest geb.