KL

John von Düffel ist ein Meister des erzählenden Gesprächs, seine Romane sind verkappte Dramen, seine Erzählungen gleichen oft Bühnenszenen. Das "Gespräch über die Unsterblichkeit" ist ein spannendes Experiment mit dieser Erzählform, das in KL einer ehrwürdigen Tradition steht: der Satire. Die Satire will die Welt gut haben, muss aber, Tucholsky zufolge, weil sie nun einmal schlecht ist, gegen das Schlechte anrennen. Diese Aufgabe überträgt John von Düffel seinem Erzähler, einem journalistisch gewappneten Autor (und alter ego), der durch Europa reist, um Interviews mit sogenannten VIPs zu führen: einem Modeschöpfer, einer Fernsehmoderatorin und einer Politikerin. In den Interviews gelingt es immer wieder, Realismus mit Idealismus, Bilder mit Worten, Glückswünsche mit Augenblicksbegehren zu konfrontieren und so die Sinnschichten zu vertiefen. Etwa, wenn hinter der Rede vom Frauenbild als Arbeitgeber bei der Fernsehmoderatorin unterdrückte Lebenswünsche aufscheinen, oder wenn der Erfolg des Modemachers als eine "Religion des Profanen" erkannt wird. Zusätzlichen Witz gewinnen die Satiren durch die Wiedererkennbarkeit der Figuren (man kann hinter KL Karl Lagerfeld, hinter BS Barbara Schöneberger, hinter HS Heide Simonis sehen, muss es aber nicht). Eine heitere, kluge, nachdenkenswürdige Reise durch die geistige Situation unserer Medienmoderne, in der es nicht immer schön ist, wichtig zu sein, aber um so wichtiger, nett zu sein. Sehr empfehlenswert.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

KL

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John von Düffel
DuMont (2015)

159 S.
fest geb.

MedienNr.: 580867
ISBN 978-3-8321-9784-1
9783832197841
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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