Lanny

Der kleine Lanny ist unauffindbar. Bis er fünf Tage später einigermaßen wohlbehalten wieder auftaucht, erleben seine Eltern Jolie und Robert einen wahren Albtraum. Alle Bewohner des kleinen Dorfes in der Nähe von London helfen zwar bei der Suche, Lanny aber jede(r) hat auch seine eigene Theorie darüber, was dem fantasievollen achtjährigen Außenseiter zugestoßen sein könnte. Die Mutter schreibt grausame Thriller, der vielbeschäftigte Vater ist quasi ein Phantom, den kaum jemand je zu Gesicht bekommt, könnten sie ihrem Kind etwas angetan haben? Oder ist der exzentrische Künstler Pete, der Lanny Zeichenunterricht gegeben hat, ein Pädophiler? Soviel zu den bloßen Fakten und Gerüchten in diesem Buch, das so viel mehr ist als eine Vermisstengeschichte, denn neben den genannten Protagonisten taucht immer wieder eine geheimnisvolle Gestalt auf (wie im Übrigen in seinem Debüt: "Trauer ist das Ding mit Federn", BP/mp 16/127): Altvater Schuppenwurz, dessen "Beiträge" aus aufgeschnappten Satzfetzen bestehen, die auf den Buchseiten graphisch wie "vom Winde verweht" dargestellt sind. Wer ist dieser "Schuppenwurz", an den Lanny so fest glaubt? Ein Baum, eine Fantasie, eventuell der Wind? Man erfährt es nicht, jeder Leser und jede Leserin wird diese mystische Figur anders deuten, und genau darin liegt der Reiz dieses ganz und gar aus dem Rahmen fallenden Buches. Nicht schnell und nicht ganz einfach zu lesen, aber nachhaltig faszinierend. Für Büchereien, deren Leser solche literarischen Besonderheiten zu schätzen wissen. (Übers.: Uda Strätling u. Matthias Göritz)

Susanne Steufmehl

Susanne Steufmehl

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Lanny

Lanny

Max Porter
Kein & Aber (2019)

219 S.
fest geb.

MedienNr.: 596901
ISBN 978-3-03-695793-7
9783036957937
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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