Eine gute Geschichte
Zwei faszinierende Persönlichkeiten, er ein berühmter Schriftsteller, Nobelpreisträger, sie eine Professorin für Psychologie an der Universität von Leicester, lassen den Leser an einem interdisziplinären Dialog entlang der Schnittstelle von Literatur und Psychologie teilhaben, der dem einschlägig interessierten aufmerksamen Leser ein außerordentliches intellektuelles Vergnügen bereitet. Ein herausragendes Thema dieser elf in schriftlicher Form stattfindenden Dialoge ist z.B. die Frage nach Wahrheit und Fiktion in Literatur bzw. psychoanalytischer Praxis. Während die Literatur nicht den Wahrheitsanspruch in einem vordergründigen Sinne erhebt, will die Psychoanalyse "helfen, ein von mehr Selbsterkenntnis getragenes, produktiveres, glücklicheres Leben zu leben" (S. 195), was nach Coetzee nur in sehr beschränktem Maße möglich ist, da das "Leben anderer Menschen, wenn es von außen gesehen wird, fast immer eine frei erfundene, fiktive Qualität hat." (S.196) Andererseits "Wir schaffen einen Roman nur durch das Aufdecken von Fiktionen."(S. 242): Gewichtige philosophische, politische (Nationalismus) und natürlich literarische Probleme werden in Rede und Gegenrede ebenso thematisiert wie psychologisch interessante Alltagsthemen, wie z.B. gruppendynamische Prozesse in einer Familie, im Klassenzimmer, Universitätsseminar oder bei Kinderbanden... Ein ausgesprochen hilfreiches Glossar am Ende des Buches informiert den nicht so beschlagenen Leser über grundlegende Fachtermini der Psychoanalyse. - Ebenso interessant wie intellektuell herausfordernd.
Eine gute Geschichte
J. M. Coetzee ; Arabella Kurtz
Fischer (2016)
252 S.
fest geb.