Die Lüge

Der 1957 in Ostberlin geborene, 1988 in die BRD umgesiedelte, mit vielen Preisen und Ehrungen ausgezeichnete Autor erzählt von einem Vater-Sohn-Konflikt im DDR-Überwachungsstaat der 60er und 70er Jahre. Der Sohn, begabter avantgardistischer Komponist, Die Lüge wird vom eigenen Vater, einem Funktionär der Einheitspartei, observiert und zugleich gefördert. Dessen wird sich Harry in zunehmendem Maße bewusst. Freilich scheint diese Rollenverteilung beinahe selbstverständlich, weswegen es letztlich nicht zum Bruch zwischen Vater und Sohn kommt. Am Ende gefällt Harry sich als geschätzter Gast bei der Hochzeit des Vaters mit einer linientreuen Kommunistin, die bezeichnenderweise zugleich Harrys Geliebte war und ist. - Auch wenn Kolbe selbst Schriftsteller, nicht Musiker ist, so verarbeitet er in dem detailgesättigten Roman unverkennbar - wenn auch ein wenig verklausuliert - wesentliche Elemente der eigenen Biografie. Was den Roman neben seiner unbestreitbaren literarischen Qualität lesenswert erscheinen lässt, ist, dass er ein außerordentlich facettenreiches, differenziertes und bisweilen geradezu unideologisches Bild vom zentral überwachten Kulturbetrieb der DDR zeichnet. Die tatsächlich vorhandenen Freiräume der Nonkonformisten, die Vielfältigkeit ihrer Verweigerung und der Insubordination, aber auch das Lavieren der Überwachungsbehörden werden auf eindrucksvolle Weise geschildert. Lesenswert.

Die Lüge

Die Lüge

Uwe Kolbe
S. Fischer (2014)

382 S.
fest geb.

MedienNr.: 396035
ISBN 978-3-10-040221-9
9783100402219
ca. 21,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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