Die weißen Tage von Minsk
Mitten in Europa, in Belarus, unterdrückt der seit 1994 herrschende Diktator Lukaschenko sein Volk, wie es seit dem Untergang des Kommunismus eigentlich unvorstellbar ist. Vitali Alekseenok, 30 Jahre alt, Dirigent des Abaco-Sinfonieorchesters der Uni München, reist im Jahre 2020 bewusst in seine Heimat, um dort an den Präsidentschaftswahlen teilzunehmen. Er muss mit ansehen und spüren, was die Diktatur angerichtet hat. Niemand ist mehr sicher. Um Demonstrationen zu verhindern, werden U-Bahnen gesperrt, tagelang das Internet abgeschaltet, Zeitungen beschlagnahmt, es geschehen willkürliche Verhaftungen, Entführungen, Folterungen in Gefängnissen und Morde. Das unterdrückte Volk solidarisiert und wehrt sich mit friedlichen Mitteln. Es sind die "weißen Tage von Minsk" (Frauen kleiden sich weiß, Menschen tragen weiße Armbänder, Autos hupen, Melodien werden gesummt, mit eingeschalteten Taschenlampen der Handys protestieren die Massen). Verbrechen des Staates werden für spätere Prozesse dokumentiert. Fazit: Durch die subjektive Wahrnehmung der Ereignisse will Alekseenok den Lesern die Situation in Belarus näherbringen. Zurück in Deutschland, ist er sehr enttäuscht, dass die Menschen ihr Leben in Freiheit, Demokratie und Sicherheit nicht genug schätzen. Das Buch ist eine sehr gute Darstellung der brutalen Diktatur Lukaschenkos, die andauert und verschärft wird, zuletzt durch die Flugzeugentführung nach Minsk.
Berthold Schäffner
rezensiert für den Borromäusverein.
Die weißen Tage von Minsk
Vitali Alekseenok
S. Fischer (2021)
189 Seiten : Illustrationen
fest geb.