Die Kunst des Komponierens

Claus-Steffen Mahnkopf ist als Schüler von Brian Ferneyhough mit der zeitgenössischen Musik und als Kompositionslehrer in Leipzig mit der Ausbildung von Musikschaffenden bestens vertraut. Nach seinen musiktheoretischen Arbeiten liegt nun eine essayistisch Die Kunst des Komponierens mit persönlichen Erfahrungen aus dem Lebensweg des 60-Jährigen bereicherte Darstellung vor, die Leser/-innen in das Handwerk, die Bedingungen und geistigen Horizonte von Komponisten einführt. Im Laufe der Lektüre wird deutlich, wie sehr Komponieren seit je von der Bildung von Schulen und Kontrapunkten bestimmt ist. Entsprechend unterschiedlich die Ansprüche, Stilprägungen und Herangehensweise der Musik. Die breite Ausfächerung des Berufs Komponist - von Gebrauchswert orientierter Musik (Film, Werbung, Soundkulisse) bis zu nur noch auf Festivals und einer kleinen Szene zugänglichen Kompositionen der „Avantgarde“ spricht Mahnkopf zwar an, lässt jedoch Erörterungen zur Mehrzahl und dominanten Präsenz der populären Musik (z.B. Hiphop, Electropop) aus. Der klassischen Ausbildung des Autors gemäß ist das Buch ein sehr guter Einblick in die zeitgenössisch klassische Musik, typisiert diese sehr treffend und stellt fest, dass die Gesellschaft „von der Kunstmusik keinen Beitrag, keine Impulse“ erwartet (S. 211). Hätte auch der Rezensent eine Bemerkung zur zeitgenössischen Kirchenmusikkomposition erwartet, deren gesellschaftliche Bedeutung offenbar durch die Filmmusik abgelöst wurde, so stellt Mahnkopfs Buch dennoch das aktuell einzige, dem interessierten Laien zugängliche deutschsprachige Buch zum Thema dar. Und so warten Autor und Leser/-innen auf den Diskurs zwischen Kunstmusik und Gesellschaft, den Mahnkopf schmerzlich vermisst. Es wäre auch an ihm gelegen, diesen Diskurs durch eine breitere, auf die populären Musikrichtungen hin erweiterte Kompositionsbetrachtung anzustoßen. Die bloße, wogleich sehr gut lesbare Darstellung der Kompositionswelt von Kunstmusik wird auch nur die Leser/-innen erreichen, die diese Welt schätzen. - Empfehlung für große Bestände mit Musikschwerpunkt.

Helmut Krebs

Helmut Krebs

rezensiert für den Borromäusverein.

Die Kunst des Komponierens

Die Kunst des Komponierens

Claus-Steffen Mahnkopf
Reclam (2022)

238 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 612562
ISBN 978-3-15-011355-4
9783150113554
ca. 26,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Mu
Diesen Titel bei der ekz kaufen.