Couchsurfen und andere Schlachten
Ilija Trojanow hat 19 Reportagen von Arnon Grüngberg herausgegeben, sechs davon sind bereits zuvor in verschiedenen deutschen Zeitungen und Zeitschriften erschienen. Der erfolgreiche niederländische Romancier (Debüt "Blauer Montag" (BP 98/434), zul. "Der jüdische Messias" (BP/mp 14/107)) und Autor von Kolumnen beschloss 2006, sich einer journalistischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit zu öffnen und fremde Identitäten anzunehmen. Aber nicht wie ein Aktivist mit dem Skandal im Blick, sondern um "hinter die Fassade des Offensichtlichen zu blicken". "Mit großem Respekt vor den Menschen, über die ich schreibe", lässt ihn Trojanow in seinem Vorwort sagen. Doch stimmt das auch? In seinen Reportagen über ehemalige Ostblockländer lässt Grünberg den überheblichen "Westler" durchscheinen, gepaart mit männlichem Chauvinismus, etwa wenn er eine gutaussehende Nonne in Gedanken am liebsten "Gott ausspannen" würde (S. 193f). Das soll wohl witzige Rollenprosa sein, wirkt in einer Reportage aber eher peinlich. - Besser sind die Kapitel, in welchen er als "embedded journalist" auftritt. Dort erfährt man Interessantes über Krisengebiete, wie man sie sonst kaum kennenlernte. Und seine Kurzaufenthalte beim Couchsurfen und bei Familien in einer niederländischen Neubausiedlung machen neugierig auf mehr. - Ab mittleren Beständen einsetzbar. (Übers.: Rainer Kersten)
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.
Couchsurfen und andere Schlachten
Arnon Grünberg
Diogenes (2013)
468 S.
fest geb.