Das Totenschiff

Obwohl bereits 1926 erschienen, entbehrt dieser Roman trotz seines Settings und einer teils archaischen Sprache nicht brisanter Aktualität. Im Gewand eines Abenteuerromans um den Seemann Gales wird Gesellschaft geprägt von Bürokratie und Hierarchie Das Totenschiff dargestellt. Gales, dessen Schiff in Antwerpen ohne ihn ausgelaufen ist, steht auf einmal ohne Papiere und nachweisbarer Identität da. Eine Odyssee durch Belgien, die Niederlande, Frankreich und Spanien beginnt. Er ist staaten- und mittellos, ein Niemand, der keiner offiziellen Arbeit nachgehen darf. In allen Ländern wird er von der Obrigkeit aufgegriffen, eingesperrt, abgeschoben … Gales nimmt jeweils die Nationalität an, die ihm nach dem Ersten Weltkrieg die wenigsten Scherereien bereitet. So trifft er als "Deutscher" auf wohlwollende Spanier, deren Wohltätigkeit ihn aber erdrückt. Letztendlich wird er zweimal schangheit und muss unter unmenschlichen Bedingungen im Kesselraum der Schiffe arbeiten. Überlebensmut, Gewitztheit und nicht zuletzt Freundschaft machen die Situation für ihn erträglich. Doch kann er das Steuer herumreißen und wieder in ein "normales" Leben zurückkehren? – "Das Totenschiff" ist viel mehr als ein Seemanns- und Abenteuerroman, es zieht Leser:innen einfach durch viele Elemente in seinen Bann: prägnante Charaktere, die Entwicklung des Plots, Situationskomik, die teils ungewöhnliche Sprache, häufiger Wortwitz, oftmals schnörkellose kurze Sätze, die die aufs Wesentliche fokussierte Sicht des Protagonisten widerspiegeln. Ein Werk, auf das man sich einlassen sollte! Für abenteuerlustige Lesende sehr zu empfehlen.

Margit Düing Bommes

Margit Düing Bommes

rezensiert für den Borromäusverein.

Das Totenschiff

Das Totenschiff

B. Traven
Diogenes (2024)

415 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 616301
ISBN 978-3-257-07269-3
9783257072693
ca. 26,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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