Das Geständnis der Löwin
Eine junge Frau wurde ganz in der Nähe der Familienhütte von einer Löwin angegriffen und getötet. Von der Trauer und den Ängsten erzählt ihre Schwester Mariamar. Die Berichte in der ersten Person über den Dorfalltag, über ihre vergeblichen Versuche, der Enge aus Tradition und Aberglaube zu entkommen, über ihre Sehnsüchte nach Liebe und Anerkennung wechseln sich ab mit dem Tagebuch von Arcanjo Baleiro, letztem Spross einer stolzen Jägerdynastie, der von der Firma, die in der Gegend nach Erdöl sucht, damit beauftragt wird, die Löwen zu jagen und dadurch die Gegend zu befrieden. Begleitet von einem bekannten Journalisten, der die bevorstehende Jagd medial verarbeiten soll, verfasst Baleiro eine Art Reisebericht zu einer archaischen Welt, dabei beschreibt er seine traumatischen Kindheitserfahrungen und seine vergebliche Leidenschaft für die Schwägerin. So wie Mariamars Worte von großer Kraft und Autonomie trotz aller Widrigkeiten zeugen, so druckt auch Baleiro seine unabhängige Geisteshaltung aus, indem er die Lokalmachthaber und die mediale Inszenierung kritisch und humorvoll beschreibt und zugleich die Geheimnisse einer Stammesgesellschaft gelten lässt. - Dieser Roman des vielfach preisgekrönten mosambikanischen Autors geht zurück auf eine wahre Begebenheit: Im Norden des ostafrikanischen Landes waren 2008 Löwen in ein Dorf eingefallen und hatten 26 Menschen getötet. Die konkrete Tragödie war für Mia Couto der Anlass, ein zutiefst anrührendes Bild von Land und Leuten zu geben, in einem Land, das ähnlich vielen afrikanischen Ländern sich in steter Suche nach einer neuartigen Identität befindet, die Altes und Neues, Tradition und Innovation in sich versammeln könnte. Ein wunderschöner Roman, dessen eigenwillige sprachliche Bilder auch ins Deutsche durch Karin von Schweder-Schreiner Eingang fanden. Er ist vielen Lesern zu wünschen!
Luísa Costa Hölzl
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Das Geständnis der Löwin
Mia Couto
Unionsverl. (2014)
269 S.
fest geb.