Schüchtern

In einer Welt der Macher und Blender, der Schönen und Gescheiten, der Könner und Selbstdarsteller ist eine Eigenheit ein absolutes K.o.-Kriterium: Schüchternheit. Schüchtern war und ist auch der Autor, wenn man seinem essayistischen Buch glauben Schüchtern darf. Der Journalist beschreibt, wie er als schüchterner, zweitgeborener Zwilling das Licht der Welt erblickte und diese Rolle immer beibehielt. Wie er in der Schule, im Chor, beim Handball immer mehr schlecht als recht zurechtkam. Wie er dennoch seine Frau kennenlernte, wie ihm die Schüchternheit auch heute noch so manchen Streich spielt. Doch er spricht auch darüber, wie es überhaupt zu Schüchternheit kommt, wie sich ein ganzer Markt von Psychologen an diesem Manko eine goldene Nase verdient. Und nicht zuletzt davon, dass Schüchternheit auch eine Stärke sein kann. - Werners knapp 170 Seiten starkes Essay ist wunderbar geschrieben: einfühlsam und ironisch zugleich, humorvoll und geistreich, pointiert und lebenswahr. Hier wird beim Lesen so mancher Draufgänger und Selbstdarsteller zum Nachdenken kommen, viele, die sich für schüchtern halten oder es wirklich sind, werden sich verstanden fühlen, vielleicht über sich selbst schmunzeln oder gar ein wenig stolz auf ihre Charaktereigenschaft werden. - Ein Buch, das für jede Bücherei zu empfehlen ist.

Günter Bielemeier

Günter Bielemeier

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Schüchtern

Schüchtern

Florian Werner
Nagel & Kimche (2012)

174 S.
fest geb.

MedienNr.: 364339
ISBN 978-3-312-00544-4
9783312005444
ca. 17,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Ps, Bi
Diesen Titel bei der ekz kaufen.