Zwischen zwei Meeren
Gefragt nach dem Fondaco del Fico, einer alten Herberge an der schmalsten Stelle Kalabriens, erinnert sich Florian an seine sommerlichen Urlaubsreisen von Hamburg nach Roccalba, zur Familie seiner Mutter. Und an Großvater Giorgio Bellusci und seinen Lebenstraum, den Fondaco del Fico wieder aufzubauen. Man erfährt, dass bereits Alexandre Dumas dort abgestiegen sein und sein Reisetagebuch vergessen haben soll, welches der Großvater hütete wie seinen Augapfel. "Wer einen Ort sucht, findet Geschichten", sagt Florian am Ende des Romans. Er erinnert sich, wie er als Kind nach und nach, zuerst durch Erzählungen seiner Mutter, dann durch seine Großmutter und den großväterlichen Jugendfreund, Genaueres über Giorgio Bellusci erfuhr, der eines Tages plötzlich für Jahre verschwunden war. Die Erzählungen umkreisen so eine über mehrere Generationen reichende Familiengeschichte. Dass die männlichen Vorfahren alle Giorgio Bellusci heißen, führt vorsätzlich zu Verwirrung, die sich im Laufe der sich verdichtenden Erzählungen aber auflöst. - Carmine Abate (Jg. 1954) gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Autoren Italiens. Sein Roman "Der Hügel des Windes" wurde 2012 mit dem Premio Campiello ausgezeichnet. Der poetische Familienroman "Zwischen zwei Meeren" ist auch ein Roman über das Geschichtenerzählen. - Literarisch interessierten Lesern ausdrücklich empfohlen. (Übers.: Esther Hansen)
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.
Zwischen zwei Meeren
Carmine Abate
Aufbau (2014)
233 S.
fest geb.