Smyrna in Flammen
Ein Jahr lang bereiste der Journalist und Autor historisch-politischer Sachbücher das heutige türkische Izmir und die vorgelagerten griechischen Inseln, um der Katastrophe des Untergangs der im Osmanischen Reich sehr bedeutsamen, multikulturellen und kosmopolitischen Hafen- und Handelsstadt Smyrna vor 100 Jahren nachzuspüren. 1919 hatten die Griechen versucht, ihr Staatsgebiet auf die westliche Türkei auszudehnen. Bei der Rückeroberung Smyrnas durch die Türken 1922 ging die Stadt durch Brandstiftung in Flammen auf, viele Angehörige anderer Ethnien (Griechen, Armenier, Juden u.a.) kamen unter den Augen der untätigen europäischen Großmächte und der USA dabei ums Leben oder wurden von den Siegern massakriert. Im anschließend politisch ausgehandelten "Bevölkerungsaustausch" zwischen Griechenland und der Türkei, einem "Modell" für weitere ethnische Säuberungen im Europa des 20. Jh. wurden Millionen Christen und Muslime aus ihrer jeweiligen Heimat vertrieben. Auf seiner Reise schildert der Autor anhand historischer Berichte das einst blühende Leben in Smyrna, sucht nach noch heute greifbaren Spuren dieser Tragödie und bezieht auch Konflikte in der Ostägais im 19. Jh. und die aktuelle Flüchtlingskrise in diesem Raum in seine Betrachtungen mit ein. So entsteht eine breit angelegte kulturhistorische und politische, manchmal mit unnötigen persönlichen Befindlichkeiten durchsetzte Betrachtung, die über das konkrete Beispiel hinaus exemplarischen Charakter hat und zum besseren Verständnis aktueller Konflikte im östlichen Mittelmeer und in Europa beiträgt. - Breit empfohlen.
Siegfried Schmidt
rezensiert für den Borromäusverein.
Smyrna in Flammen
Lutz C. Kleveman
aufbau (2022)
381 Seiten : Illustrationen
fest geb.