Sepia

Rafaela Reich, kurz Eli, ist siebzehn Jahre alt, wohnt bei ihrem Großvater Anton in Dresden und arbeitet nach ihrer Lehre im botanischen Garten. Sie hat gehört, dass man an einer Schule in Potsdam kostenlos ein Bett und Mittagessen erhält. Kurzum Sepia kündigt sie ihre Stelle und nimmt ein Studium der Kinematographie auf, ohne genau zu wissen, was das ist. Sie lernt eine neue Welt kennen und den Filmstudenten Ludwig lieben. Von ihm und von den anderen Kommilitonen hört sie von Brechts Verfremdungseffekt, Hegels Ästhetik und Blochs Subjekt-Objekt-Verständnis und schaut westliche Filme, als eines Tages Stacheldraht und Mauer ihre Freiheit einschränken. Grenzsoldaten patrouillieren zusätzlich. Ludwig gelingt es, sich in den Westen abzusetzen. Ihre Freundin Erika, die während des Mauerbaus in Rom war, kehrt nicht zurück. Seit Eli zu einem Arbeitseinsatz in die Chemiewerke in Leuna geschickt wurde, leidet sie unter einer Bleivergiftung. Müdigkeit ist fortan ihr ständiger Begleiter. Ihre Diplomarbeit über Laokoon will daher nicht voranschreiten. Doch als Arbeiterkind und Waise erfährt sie Nachsicht. Eines Tages erfüllt sie ihrem verstorbenen West-Großvater Heinrich seinen letzten Wunsch und bringt die Urne mit seiner Asche nach Polen, in seine Heimat. - In diesem autobiographischen Roman ist die Hauptfigur Eli frei von Ideologien und Kalkül aber voller Sehnsucht. "Sepia" ist ein sehr gelungener Versuch, die Alltagswirklichkeit einer jungen Frau in der Nachkriegszeit und der Zeit des Eisernen Vorhangs in der DDR zu dokumentieren. Gern empfohlen.

Birgit Fromme

Birgit Fromme

rezensiert für den Borromäusverein.

Sepia

Sepia

Helga Schütz
Aufbau (2012)

393 S.
fest geb.

MedienNr.: 572570
ISBN 978-3-351-03505-1
9783351035051
ca. 22,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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