Schwarzes Gold aus Warnemünde

Was wäre, wenn Günter Schabowski am 9. November 1989 nicht die Änderung der Ausreisegesetze für DDR-Bürger verkündet hätte, sondern stattdessen den Fund immenser Ölvorkommen in der Ostsee? Von einem Tag auf den anderen wäre die DDR das reichste Land der Erde geworden. Auf Grundlage dieser utopisch-irrwitzigen Annahme entwickeln die beiden Autoren Tom Peukert und Harald Martenstein eine fiktive Geschichtsschreibung der DDR nach 1989. Im Stile lose miteinander verbundener Reportagen entsteht so eine unterhaltsame Satire über den sogenannten Petro-Sozialismus. Dabei treten immer wieder bekannte Persönlichkeiten wie Angela Merkel, Theodor zu Guttenberg oder auch Uli Hoeneß in den Enthüllungsberichten der beiden Reporter auf. Natürlich haben die wirtschaftlichen Veränderungen der DDR den Lebenslauf dieser Personen gehörig verändert. So ist Uli Hoeneß beispielsweise Präsident von Dynamo Dresden und vor allem aufgrund der Steuerbefreiung für DDR-Bürger in Ostdeutschland tätig. Trotz des wirtschaftlichen Reichtums bleibt ein gewisser ostalgischer Charme erhalten. Dies spiegelt sich vor allem im verwendeten Vokabular wieder. Smartphones sind "Tragphones", E-Mails heißen "Netzbriefe" und das ostdeutsche Dschungelcamp nennt sich die "Straße der Sieger". So kommt es, dass sich fiktive und reale Begebenheiten vermischen und ein surreales Bild ergeben. Die Idee der alternativen Geschichtsschreibung ist indes nicht gänzlich neu. Unter anderem erschien 2015 bereits Thomas Brussigs Roman "Das gibt's in keinem Russenfilm" (BP/mp 15/376), der ebenfalls das Fortbestehen des ostdeutschen Staates beschreibt. Martensteins und Peuckerts Ostsatire ist eine kurzweilige Unterhaltung, die vor allem durch großen Einfallsreichtum der beiden Autoren hervorsticht. Überall einsetzbar.