Nulluhrzug
In den endlosen Weiten der russischen Steppe haben die Bewohner der Siedlung Nummer 9 nur eine einzige Aufgabe: die tägliche Durchfahrt des geheimnisvollen Nulluhrzugs sicherzustellen. Sie wissen weder, woher der Zug kommt, noch wohin er fährt oder was er in den hundert plombierten Güterwaggons transportiert. Fragen sind nicht erlaubt, unbedingter Gehorsam wird erwartet, Hunde und Stacheldraht sichern das Gelände. Die Siedler richten sich trotz aller Widrigkeiten und fernab der Zivilisation in einem halbwegs normalen Alltag mit Berufs- und Familienleben, mit sozialen Kontakten und einer rudimentären Infrastruktur ein. Nach und nach werden Veränderungen spürbar, bis Denunziation, brutale Gewalt und Verrohung zu einer Auflösung der Gemeinschaft führen. Nur Iwan Ardabjew, genannt Don Domino, harrt auf seinem Posten aus und bleibt als einziger Wärter auf der Station zurück. Zum ersten und letzten Mal in seinem Leben trifft er eigenmächtig eine Entscheidung - mit fatalen Folgen. Kafkaesk, verstörend und sprachgewaltig zeichnet Juri Buida eine Parabel auf ein totalitäres Gesellschaftssystem, in dem das Individuum untergeht.
Gertrud Plennert
rezensiert für den Borromäusverein.
Nulluhrzug
Juri Buida ; aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt
aufbau (2020)
142 Seiten
fest geb.