Die heiligen Narren
Azarías, ein alter Knecht, lebt in den 60er Jahren auf einem spanischen Landgut. Auch wenn er als zurückgeblieben gilt, erledigt er gewissenhaft kleinere Aufgaben. Er kümmert sich um das Federvieh, reinigt die Ställe und rupft abends die Vögel, die sein Herr, der jagdwütige Señorito Iván, erlegt hat. Als Azarías seine Stelle verliert, kommt er bei seiner Schwester Regula und seinem Schwager Paco auf dem Nachbargut unter. Dort zieht der alte Mann eine aus dem Nest gefallen Dohle auf und kümmert sich liebevoll um den Vogel. Paco begleitet Iván regelmäßig auf die Jagd, bis er sich nach einem anstrengenden Tag das Bein bricht. Azarías mit seinem Verständnis für Tiere soll einspringen. - Der bereits 1981 erschienene Roman ist in Spanien Schullektüre. Er schildert den Konflikt zwischen Großgrundbesitzern und Landbevölkerung. Erst Azarías, einem einfachen Knecht, gelingt es hier stellvertretend für eine breite Masse von Unterdrückten, gegen das Herrschaftssystem zu rebellieren und starre Strukturen aufzubrechen. Der schmale Roman hat nur 6 Kapitel, wobei jedes Kapitel aus einem einzigen Satz besteht. In einfacher Sprache mit hauptsächlich wörtlicher Rede wirkt er wie die Erzählung einer seiner Figuren. Eine Wiederentdeckung aus dem Gastland der Frankfurter Buchmesse. Lesenswert!
Susanne Emschermann
rezensiert für den Borromäusverein.
Die heiligen Narren
Miguel Delibes ; Übersetzung: Petra Strien-Bourmer
aufbau (2022)
149 Seiten
fest geb.