Shakespeares ruhelose Welt
Die zwanzig ausgesuchten in hervorragenden Reproduktionen vorgestellten Text-, Sach- und Bildquellen zum Sprechen zu bringen, sie zu vernetzen mit Shakespeares eigenen Worten sowie mit anderen schriftlichen Quellen der Zeit, darauf beruht das überzeugende Konzept dieses erstaunlichen Buches. Es bedarf freilich eines großen didaktischen Geschicks und einer so außerordentlichen Sachkenntnis, über die der derzeitige Direktor des Britischen Museums ohne Zweifel verfügt, um dieses ambitionierte Konzept auf so brillante Weise umzusetzen, wie es hier gelingt. Da wird z.B. mit Hilfe des sog. "Stratford-Kelchs" aus dem Jahre 1571 die komplizierte Geschichte der religiösen Umwälzungen im Elisabethanischen England des 16. Jh. in atemberaubend luzider und fesselnder Weise veranschaulicht. Durch MacGregors Interpretation erschließen sich nun dem erstaunten Leser verschiedene Passagen aus Shakespeares Hamlet in ganz ungewohnter Weise. Ein an den Ufern der Themse gefundener Dolch und Stoßdegen erlaubt nicht nur ein tieferes Verständnis der Kampfszenen aus "Romeo und Julia", sondern belegt auch, dass es im 16. Jh. "durchaus gefährlich auf Londons Straßen" war. Jedes der 20 in sich abgeschlossenen Kapitel behandelt ein spezielles Thema. In der Gesamtschau ergibt sich ein grandioses Kompendium der Kultur-, Geistes- und der politischen Geschichte Englands in der Shakespeare-Zeit. Für jeden literarisch und historisch interessierten Leser ist dieser opulent ausgestattete Band unbedingt zu empfehlen!
Shakespeares ruhelose Welt
Neil MacGregor
Beck (2013)
347 S. : zahlr. Ill. (überw. farb.), Kt.
fest geb.