Marseille 1940
Hitler hat Frankreich im Blitzkrieg besiegt, die Vichy-Regierung ist nur ein Spielball in der Hand der Nazis. Millionen Menschen fliehen ins unbesetzte Südfrankreich, darunter auch viele bekannte deutsche Publizisten, Literaten und Künstler, exemplarisch genannt Anna Seghers, Hannah Arendt, Franz Werfel, Lion Feuchtwanger, Heinrich und Golo Mann oder Walter Benjamin. Alle hoffen, dort Visa in die USA oder andere sichere Länder zu bekommen. Ein Schlüssel dazu ist der mutige junge Amerikaner Valery Fry, der in Marseille eine Hilfsorganisation aufgebaut hat, die Visa besorgen kann und die besonders gefährdete Personen außer Landes bringen will, z.T. auf abenteuerlichen Wegen über die Pyrenäen. - Wer vielleicht schon einmal in Sanary-sur-Mer vor der Gedenktafel mit all den Namen der hier nahe Marseille gestrandeten deutschen Intelligenz stand und mehr über deren Schicksale wissen will, der erfährt in diesem sehr gut recherchierten und fast romanhaften Sachbuch (dem Folgetitel des Bestsellers "Februar 33. Der Winter der Literatur" des gleichen Autors), wie hart und lebensgefährlich das Leben der Exilanten - und ihrer mutigen Frauen! - in den Jahren 1940 und 1941 und auch noch später in Südfrankreich gewesen ist, viele von ihnen mussten lange unter menschenunwürdigen Bedingungen in Lagern leben, und so manche überlebten nicht. Im Spätsommer 1941 muss Valery Fry Frankreich verlassen, damit ist ein Kapitel der Mitmenschlichkeit geschlossen. - Ein ergreifendes Buch, dem man nur viele Leser:Innen wünschen kann und das in keiner Bücherei fehlen darf!
Michael Sanetra
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Marseille 1940
Uwe Wittstock
C.H. Beck (2024)
351 Seiten : Illustrationen, Karten
fest geb.