Fürchtet uns, wir sind die Zukunft
Theo hat die Aufnahmeprüfung im Fach Klavier für die Akademie bestanden. Beim ersten Vorspiel lässt ihn Professor Goldstein nicht in seine Noten schauen. Er solle etwas auswendig spielen, in sich hineinhören. Und so spielt Theo "Der Mond ist aufgegangen", einstimmig, so gefühlvoll, wie sein Vater ihm das Lied einst vorgesungen hatte. Der Professor ist sehr zufrieden. Am zweiten Tag trifft Theo auf dem Weg zu den Übungsräumen im Keller auf Aida, deren Auftritt auf der Eröffnungsgala ihn beeindruckt hat. Nicht nur ihre Gesangseinlage, sondern erst recht ihre Aktion, als sie während des Vortrags des Rektors aus einer Deckenklappe ein weißes Banner mit roter Schrift "Fürchtet uns, wir sind die Zukunft" herabgelassen hat. Aida fordert von Theo als Eintrittskarte für die Gruppe ZUKUNFT, einen Auftrag auszuführen. Theo ist zwiespältig, doch die Schauspielschülerin mit ihren bohrenden Fragen zu den Machtstrukturen der Akademie und deren Auswirkungen auf die Kunst fasziniert ihn zunehmend. Er gerät in ein Gefühlskarussell. Bald schon resümiert er: "Goldstein brachte mir das Hören bei. / Aida lehrte mich das Entdecken". - Ähnlich wie in ihrem Debütroman "Was wir dachten, was wir taten" (BP/mp 17/1035) testet die Berliner Autorin Lea-Lina Oppermann (Jg. 1998) auch in ihrem zweiten Roman Grenzen aus und stellt philosophische Fragen. Sehr gerne empfohlen.
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.
Fürchtet uns, wir sind die Zukunft
Lea-Lina Oppermann
Beltz & Gelberg (2021)
288 Seiten
fest geb.