Tonspuren

Der Schriftsteller Uwe Johnson sprach von der "Katze Erinnerung", für den 1964 in Melbourne geborenen und nach längerem New York-Aufenthalt wieder in Australien lebenden Elliot Perlman ist die Erinnerung ein "sturer Hund", der sich nicht rufen oder Tonspuren wegschicken lässt. Überfallartig kommt diese Erinnerung zu den drei Figuren, die im Mittelpunkt dieses Romans stehen. Der afroamerikanische Hausmeister Lamont Williams ist ein zu Unrecht verurteilter Ex-Sträfling. In der Klinik, in der er arbeitet, freundet er sich mit dem Patienten Henry Mandelbrot an, einem Auschwitz-Überlebenden, der ihm seine Lebensgeschichte erzählt. Überkreuzt wird diese an Schrecklichkeiten reiche, aber auch immer an Menschlichkeit rührende Geschichte mit den Toninterviews eines fiktiven Holocaust-Forschers (ihr reales Vorbild ist offenbar das Buch "I Did Not Interview the Dead", 1949, 2011 auf deutsch), das der jüdische Historiker Adam Zignelik intensiv aufarbeitet. Ellroy verknüpft geschickt die drei Figurenlinien. Dabei stößt er tief ins Holocaust-Gedächtnis und in die Zeitgeschichte der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung vor. Erinnerungen sind zum Erzählen da, auch und gerade wenn sie unangenehm oder störend sind. Denn sie befreien von der Last des Schweigens und können - vielleicht - eine Wiederholung der Geschichte verhindern. Darauf deutet das glückliche Ende des Romans hin. Eine eindringliche, nicht immer leichte, aber zum Nachdenken drängende Geschichte, allen Beständen empfohlen. (Übers.: Grete Osterwald)

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Tonspuren

Tonspuren

Elliot Perlman
Dt. Verl.-Anst. (2013)

693 S.
fest geb.

MedienNr.: 377177
ISBN 978-3-421-04373-3
9783421043733
ca. 24,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.