Das katholische Abenteuer

Matthias Matussek ist ein Spezialist für die umsichtige Erforschung der modernen Bindungsängste. Nachdem er den Ursachen für die Erosion der Familie (in der "Vaterlosen Gesellschaft") und für die Krise des Nationalen (in "Wir Deutschen") nachgegangen ist, kommt nun "Das katholische Abenteuer". Das Buch hat das Zeug zum Bestseller, aber nicht etwa, weil es bekenntnisfrei im Zeitgeist surft, sondern weil es ein persönliches Credo ablegt: Der Autor, Redakteur beim "Spiegel", legt seine Überzeugungen von Glauben und Religion, Kirche und Christentum dar, persönlich, präzise und, wenn es sein muss, auch polemisch und, wie der Untertitel ankündigt, provokativ. Matussek scheut sich nicht, der Spaßgesellschaft die Leviten zu lesen und die Sieben Todsünden vorzuhalten, das Vaterunser zu erklären und die Lüge als kommunikativen "Schwachsinn" zu bezeichnen. Er lässt kaum eine der Kampfzonen des interreligiösen Dialogs aus, vom Karikaturenstreit über die Empfängnisverhütung bis zum Dschihad und dem radikalen Fundamentalismus. Besonders lesenswert sind die Erfahrungsberichte mit der Glaubenspraxis in Amerika, wo Gott "überall" ist, die Berichte des Autors über die eigene katholische Kindheit und die Interviews mit dem Schriftsteller Martin Walser, der nicht glaubt, aber "kniet", sowie mit dem Philosophen Rüdiger Safranski über den "Zivilgott" und die kompensatorischen Sinnbeschaffungsmaßnahmen der postsäkularen Gesellschaft. Ein beherzter, allerdings auch in die eigene Überzeugung eingemauerter Einspruch gegen "Glaubensschwäche, Götzendienste, falsche Idole, Heidenfeuer, TV-Halligalli". Und wenn diese "Glaubenssafari" dem ein oder anderen manchmal zu abenteuerlustig, plakativ und selbstgerecht sein mag: glaubwürdig ist sie immer. Empfehlenswerte und lehrreiche Lektüre.