Wie man die Zeit anhält
Tom wurde im 16. Jh. geboren, als man noch an Hexen glaubte, er reiste mit Kapitän Cook um die Welt, er bekam die Industrialisierung hautnah mit und er durchlebte die wechselvolle Zeit des 20. Jh. Trotzdem stellt seine lange Lebensdauer für ihn viel mehr Fluch als Segen dar, denn die einzige Frau, die er jemals geliebt hat, ist schon lange tot und seine Tochter musste er verlassen, um sie durch seine Anomalie nicht in Gefahr zu bringen. Er führt seit Jahrhunderten ein Vagabundenleben, lebt nie länger als ein paar Jahre an einem Ort. Nun verschlägt es ihn jedoch als Geschichtslehrer nach London, wo er schnell merkt, dass sein Leben langsam aber sicher noch komplizierter wird, als es ohnehin schon ist. - Der Roman ist auf zwei Zeitebenen verfasst, sodass der eigentliche Handlungsstrang, der im heutigen London spielt, immer wieder von Erinnerungen an frühere Lebensereignisse unterbrochen wird. Man erfährt, dass er ein im Grunde zutiefst einsamer Mensch ist, der sich keine tieferen Gefühle gegenüber anderen erlaubt, um weder zu verletzen noch verletzt zu werden. Das Buch ist leicht und melancholisch zugleich geschrieben und lässt einen darüber nachdenken, was es bedeuten würde, ein sehr langes Leben zu führen, das man mit niemandem teilen kann. (Übers.: Sophie Zeitz)
Judith Schöpf
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Wie man die Zeit anhält
Matt Haig
Dt. Taschenbuch-Verl. (2018)
379 S.
fest geb.