Alles muss raus
Thilo Mischke ist Journalist. Überall auf der Welt findet er seine Geschichten. Seine Berichte sind weniger politischer Natur, keine ausführlichen Analysen von Gesellschaften oder Konfliktherden. Es sind immer die Schilderungen persönlicher Begegnungen, persönlicher Eindrücke und Reflexionen. Eine Frau, die in Syrien nach ihrem Enkel sucht, der sich dem IS angeschlossen hat, und einen verschlossenen, fanatisierten jungen Mann findet. Oder die noch jugendliche jesidische Kämpferin, die ihre Heimat vor dem IS verteidigt, indem sie einen jungen Selbstmordattentäter tötet. Was Mischke an so vielen Orten der Welt findet, ist das Normale im Grauen, wenn das Grauen zur Normalität wurde. Seine Begegnungen sind manchmal nur Skizzen, kleine Begebenheiten, genau beobachtete Details - ob im Irak, in Afghanistan oder im Dschungel Mittelamerikas. Und dennoch liegt in ihnen ein persönliches Schicksal. Immer wieder verknüpft Mischke seine beruflichen Erfahrungen mit seinem Privatleben, mit den Erfahrungen in seiner Familie oder seiner Kindheit in Berlin. Das Verbindende ist hier der Tod, die Vergänglichkeit, die Tatsache, dass Menschen zerbrechlich und verletzbar sind.
Walter Brunhuber
rezensiert für den Borromäusverein.
Alles muss raus
Thilo Mischke
Droemer (2022)
204 Seiten
fest geb.