Tänzer wir auf dem Kraterrand
Die Germanistin, Bibliothekarin und Schriftstellerin Helga Unger stellt in fünf Kapiteln 64 Gedichte vor, die bleibende Eindrücke z.B. von Orten oder der Heimat Mähren, aus der Helga Unger als Kind vertrieben wurde, einfangen. Die meisten Gedichte behandeln existenzielle Themen. Bestimmend ist das Lebensgefühl, das sich im Titel des Gedichtbandes ausdrückt, dem Tanz über dem Abgrund. Hartnäckig wird gefragt, was bleibt, und die Verluste münden doch in "Erinnerung und Liebe". Das Glück der Berührung spricht in leichtem, fast hymnischen Ton. Heiter und tröstlich wird z.B. die abnehmende Gedächtnisleistung im Alter thematisiert. Das letzte Kapitel variiert biblische Themen und lässt durchscheinen, woraus die Autorin Kraft und Zuversicht schöpft. Viele dieser Gedichte sind Personen gewidmet und damit Begegnungen, in die sich der Leser hineingenommen fühlt. Helga Ungers Gedichte leben von ihren Bildern und den zarten Spannungsbögen von Zeile zu Zeile, die auf ein Ende zulaufen. Daraus kann sich rhythmische Gestaltung der kurzen Prosazeilen ergeben. - Ein Nachwort des Germanistikprofessors Hans Unterreitmeier schließt den schmalen Gedichtband ab. Für Freunde klassischer Lyrik zu empfehlen.
Bernhard Grabmeyer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Tänzer wir auf dem Kraterrand
Helga Unger
Echter (2017)
95 S.
kt.