Wo wir uns trafen

Esther ist emotional wie erstarrt. Nachdem sie sich aus ihrer toxischen Ehe mit einem jähzornigen Künstler gelöst hat, sieht sie sich als diejenige, die ihre kleine Familie zerstört hat. Jedes zweite Wochenende, wenn ihr kleiner Sohn Adrian bei Wo wir uns trafen seinem Vater ist, gibt sich Esther ihrer Trauer hemmungslos hin. Bei jedem Wetter geht sie zu einer alten Eiche. Dort trifft sie immer wieder auf die alte Rut. Sie bringt Esther auf andere Gedanken und baut sie wieder auf. Statt immer an Adrian zu denken, stürzt sich Esther in die neue Freundschaft. Aber eines Tages ist Rut spurlos verschwunden. Esther möchte sie um jeden Preis erreichen und fährt auf ihren Spuren bis nach Italien. – Wie in ihrem Debüt, „Das rote Adressbuch“ (2018, Besprechung des Hörbuchs online), lässt Sofia Lundberg ein ergreifendes Lebensschicksal einer alternden Frau anhand von persönlichen Aufzeichnungen Revue passieren. Durch die Beschäftigung mit dem bewegten Schicksal von Rut erhält Esther eine Perspektive auf ihr eigenes Leid und ist am Ende der Geschichte bereit, sich wieder auf andere Menschen einzulassen und nach vorne zu schauen. Esther, eine angehende Künstlerin, die ihre eigene Karriere geopfert hat, um sich ihrem (vermeintlich begabteren) Mann unterzuordnen, betrachtet sich selbst als Rabenmutter. Dieses Frauen- und Familienbild wirkt unzeitgemäß, zumal die Geschichte in Schweden spielt, wo es Usus ist, dass Kinder nach einer Scheidung jede Woche zwischen den Elternteilen pendeln. Ein flüssig geschriebenes Buch in der Sparte leichte Unterhaltung, das mit seinem melancholischen, nachdenklichen Grundton sicherlich viele Leser/-innen finden wird.

Maria Holgersson

Maria Holgersson

rezensiert für den Borromäusverein.

Wo wir uns trafen

Wo wir uns trafen

Sofia Lundberg ; aus dem Schwedischen von Maike Dörries und [einer weiteren]
Goldmann (2023)

382 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 614806
ISBN 978-3-442-31645-8
9783442316458
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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