Alfred Döblin

Über "Berlin Alexanderplatz" hinaus wissen selbst Literaturfreunde oft keinen anderen Titel des Schriftstellers Alfred Döblin zu nennen. Umso verdienstvoller ist die erste umfassende Biografie Döblins, die den Autor vor allem vor dem Hintergrund seines Werks versteht. Auf über 800 Seiten breitet Wilfried Schoeller das Leben des Schriftstellers aus. Döblins biografisches Schlüsselerlebnis, der Vater brannte mit seiner Geliebten durch und ließ die Mutter mit fünf Kindern alleine zurück, bestimmte sein weiteres Leben maßgeblich. Er selbst hielt an seiner unglücklichen Ehe fest, um seinen Söhnen ein ähnliches Trauma zu ersparen. Schoeller macht deutlich, wie die verwickelten Lebensstationen Döblins in seinen Erzählungen und Romanen wiederkehren. Der in Berlin niedergelassene Nervenarzt saugte seine Umgebung auf und verwendete ihre Ausdrucksweisen in seiner einzigartigen Montagetechnik, mit der er das moderne Leben abbildete. Minutiös folgt Schoeller den Stationen Döblins, der 1933 Deutschland verlassen musste und im Exil zur katholischen Kirche konvertierte. Nach der Rückkehr aus dem Exil kam der Schriftsteller auch im Adenauer-Deutschland nicht zurecht und ließ sich in Paris nieder. Begraben liegt er im Elsass neben seiner Frau und seinem Sohn Wolfgang, der sich das Leben genommen hatte. Dem Verhältnis Döblins zu seinem mathematisch hochbegabten Sohn widmet sich Schoeller besonders intensiv. Die Wirkung die der Tod seines Sohnes auf Döblins letzten Roman "Hamlet oder die lange Nacht nimmt ein Ende" ausgeübt hat, zeichnet der Autor behutsam nach. Wie überhaupt Wilfried Schoeller in seiner detaillierten und packend zu lesenden Döblin-Biografie immer wieder das Werk dieses Schriftstellers in den Blick nimmt, das in weiten Teilen fast vergessen ist, trotz eines Fürsprechers wie Günther Grass. Dabei haben Romane wie "Wallenstein" oder "November 1918" dem Leser auch heute noch etwas zu sagen.