Miroloi
Ein Dorf auf einer einsamen Insel. Die Gemeinschaft versorgt sich selbst. Jeder muss sich strikt an die heiligen Gesetze halten. Frauen dürfen nicht lesen und schreiben lernen, sie haben keine Rechte. - Sie (auf einen Namen hat sie kein Recht) wurde in einer Winternacht vom Betvater gefunden, aufgezogen und bis jetzt von ihm beschützt. Im Dorf wird Sie von fast allen schlecht behandelt. Doch der Betvater hat Sie stark gemacht und bringt ihr sogar das Lesen bei. Sie beginnt die bestehenden Zustände zu hinterfragen. Zu ihren wenigen Freunden gehören die alte Mariah, die sie unterstützt und auch selbst ein paar Geheimnisse hat, und Sofia, die von ihrem Mann geschlagen wird. Sie geben sich gegenseitig Mut. Sie versucht, auch den anderen Frauen Mut zu machen, sich aufzulehnen - anfangs mit wenig Erfolg. Dann verliebt sie sich verbotenerweise. Als der alte Betvater stirbt, ist sie plötzlich vollkommen schutzlos. Mit dem neuen Betvater werden die Gesetze für alle Frauen noch einmal verschärft. Als sie schwanger und ihre Liebe entdeckt wird, ist die Katastrophe vorherbestimmt. - Karen Köhler hat eine Ich-Erzählerin voller Lebensenergie, Neugierde, Mut und Wut gegen bestehende Ungerechtigkeiten erschaffen. Sie schreibt in kurzen, treffenden Sätzen und Kapiteln. Ihr Schreibstil ist nicht sentimental, geht aber tief unter die Haut. Ein Buch, das man bis zum Schluss nur schwer aus der Hand legen kann. - Unbedingt zu empfehlen.
Nicole Lorrig
rezensiert für den Borromäusverein.
Miroloi
Karen Köhler
Hanser (2019)
462 S.
fest geb.