Das Mädchen auf dem Eisfeld
Es scheint, als möchte sich die Autorin mit diesem Buch freischreiben. So setzt sie sich kleinschrittig mit ihrem tragischen Erlebnis der Vergewaltigung im Kindesalter auseinander und lässt den Leser fast poetisch am eigenen Heilungsverlauf, der mit Tiefschlägen einhergeht, teilhaben. "Plötzlich werde ich aus dem Körper dieses kleinen Mädchens katapultiert". Mit diesem Gefühl, das Leben von nun an körper- und emotionslos ertragen zu müssen, wächst sie auf und versteht bis heute nicht, warum Pädophilie aus dem griechischen abgeleitet "Kind" und zugleich "Freundschaft" bedeuten kann. Mit wenigen Ausnahmen erzählt sie von sich in der dritten Person. In der Autobiografie, die eher einem Roman ähnelt, vergleicht sie sich ständig mit einer Qualle, die mal mehr, mal weniger gefüllt, durch das Wasser gleitet oder dem Austrocknen nahe ist. Gezeichnet durch die schrecklichen Erfahrungen beginnt für sie eine Odyssee durch zahlreiche Therapien und Selbstheilungsrituale. Sie lernt auf einer Schauspielschule und macht sich die Tricks und Kniffe im Alltag zunutze, um gepanzert weiterleben zu können. - Ein fesselnd geschriebenes Buch, in dem die Leser*innen auf die Reise von der Fremde(n) zu sich selbst mitgenommen werden. - Für alle Büchereien. (Übers.: Bettina Bach)
Anja Kuypers
rezensiert für den Borromäusverein.
Das Mädchen auf dem Eisfeld
Adélaïde Bon
Hanser Berlin (2019)
237 S.
fest geb.