Gesellschaft für Flugversuche
Gegenwartslyrik ist ein schwieriges Feld - eine große Zahl von Autor/innen steht einer vergleichsweise kleinen Zahl von Leser-/innen gegenüber. Der hier besprochene Band sollte aber nicht nur ausgesprochene Lyrik-Fans begeistern können. Er präsentiert einen großzügigen Querschnitt durch das bisherige Schaffen des Dichters Zang Di (geb. 1964), mit Gedichten aus dem Zeitraum von 1987 bis 2017, die meisten Gedichte davon in Erstübersetzung. Zang Di gehört zu den wichtigen Lyrikern des heutigen Chinas, denen es gelingt, sich eine eigenständige Stimme zu bewahren, ohne mit dem Staatsapparat (zu sehr) in Konflikt zu geraten. Seine Gedichte spiegeln diesen Spagat wider, sie vereinen Sprachvirtuosität mit subtiler, oft erst auf den zweiten oder gar dritten Blick erkennbarer Kritik. Dem deutschsprachigen Leser verlangt er damit Konzentration und auch Geduld ab, belohnt ihn aber auch mit einem Blick tief in die chinesische Seele. Sehr ist auch die Leistung der Übersetzerinnen zu loben, denen es gelingt, für die schwierigen, vielschichtigen Gedichte Zang Dis passende deutsche Entsprechungen zu finden, ohne dabei akademisch zu werden. Ein Vorwort und einfühlsame Erläuterungen zu den Gedichten runden den auch haptisch gelungenen Band ab. Der Band ist allen Büchereien ans Herz gelegt, die ihren Leserinnen und Lesern auch Lyrik zur Verfügung stellen wollen.
Friedrich Röhrer-Ertl
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Gesellschaft für Flugversuche
Zang Di ; aus dem Chinesischen übersetzt von Lea Schneider und Dong Li
Hanser (2019)
Edition Lyrik Kabinett ; 44
97 Seiten
fest geb.