Das Zuhause
Unser Zuhause ist nicht nur die Anordnung einzelner Räume und Ort der Geborgenheit, sondern Spiegel unseres Ichs und unserer Beziehung zur Außenwelt. "Wohnen heißt, Beziehungen zu bestimmten Menschen und Dingen aufzubauen". Dreißigmal hat der Autor selbst diese Erfahrung gemacht, dreißigmal ist er umgezogen, hat in Italien, Frankreich und Deutschland gelebt, arbeitet jetzt als Professor für Philosophie in Paris. Professionell nähert er sich seinem Thema aus der Sicht der modernen philosophischen Anthropologie. Scheinbar einfachen Kapitelüberschriften wie Badezimmer, Schränke, Küchen folgen tiefgründige philosophische Überlegungen. Das scheinbar harmlose Badezimmer wird zum Platz, an dem die Geheimnisse des Körpers und des Eros erkundet werden, wo die Suche nach Identität ihre größte Intimität findet. Das Schlafzimmer wird der Schutzraum für die zerbrechlichsten Momente unseres Bewusstseins, das Aufwachen als Wiedereintreten in das Ich. Korridore sind Ursache für kindliche Angst. Überhaupt gibt der Autor sehr private biographische Details preis und lässt persönliche Nähe zu. Psychologische Aspekte finden stärkere Berücksichtigung als in seinen früheren Werken. Am Ende seiner Betrachtungen nimmt er die Idee aus seinem Buch "Metamorphosen" wieder auf, dass alles einer ständigen Veränderung unterliegt und das Zuhause der Zukunft ohne Stetigkeit ist, vergleichbar einem Leben mit Airbnb, bei dem das Zuhause zu jeder Jahreszeit wechselt. Es ist ein schönes Buch, bei dem alles stimmig ist und das man gern zur Hand nimmt.
Renate Feldmeyer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Das Zuhause
Emanuele Coccia ; aus dem Italienischen von Andreas Thomsen
Hanser (2022)
159 Seiten
fest geb.