Männer sterben bei uns nicht

Ein herrschaftliches Anwesen am See, fünf Häuser, bewohnt von Frauen aus drei Generationen, und vor allem: keine Männer! Das ist das Setting für Annika Reichs Roman, in dem die alternde Grundbesitzerin nach außen unbedingt den Anschein des gesellschaftlich Männer sterben bei uns nicht Besonderen wahren möchte. Die altersgemäß unter ihr stehenden Frauen der Familie lässt sie dafür wie Marionetten in einem Spiel für sich tanzen. Auch wenn dies den Frauen teilweise bewusst ist, gelingt es kaum einer von ihnen, der ihr zugeteilten Rolle zu entfliehen. Die gegenseitigen Abhängigkeiten, erlernten Verhaltensweisen und eingetrichterten familiären Verpflichtungen lässt die Autorin in jeder ihrer Figuren durchscheinen. Geschickt konstruiert sie die Geschichte rund um die Beerdigung der herrschenden Großmutter, mit der die bestehenden Regeln ins Wanken kommen. Anhand kleiner Details im Umfeld der Trauerfeier springt sie rückblickend in die Vergangenheit und entblättert so immer mehr die zum Teil verhängnisvollen Verstrickungen innerhalb der Familie, in der Männer zwar nur Nebensache zu sein scheinen, auf dem Anwesen jedoch trotzdem einen besonderen Platz haben. Erzählt wird durchgehend aus der Perspektive der Enkelin Luise, für die das Erbe der Verstorbenen bestimmt ist. - Annika Reich formuliert unglaublich differenziert, kunst- und humorvoll. Ihr gelingt eine erstaunliche Symbiose aus düsterer Familiengeschichte und Elementen, die an Slapstick erinnern, dabei jedoch nie ins komplett Lächerliche abgleiten. Der Roman erhält dadurch eine ganz besondere Lesart und ist sehr zu empfehlen.

Elisabeth Brendel

Elisabeth Brendel

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Männer sterben bei uns nicht

Männer sterben bei uns nicht

Annika Reich
Hanser Berlin (2023)

204 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 613897
ISBN 978-3-446-27587-4
9783446275874
ca. 23,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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