Wer waren Jesus und Muhammad?
Der Neutestamentler Joachim Gnilka ist nur zu bewundern. Er beschränkt sich nicht aufs fachspezifische Glasperlenspiel, sondern stellt seit seiner Emeritierung sein enormes biblisches Wissen einer der großen Fragen unserer Zeit, dem Gespräch zwischen Christentum und Islam, zur Verfügung. Nachdem er schon einiges dazu publiziert hat, konfrontiert er in seinem neuen Buch die Stiftergestalten Jesus und Mohammed. Dabei geht es Gnilka nicht um eine Abklärung strittiger Fragen, sondern um eine Information darüber, was gesichert über deren Leben und Botschaft gesagt werden kann. Gnilka kennt die einschlägige Forschung gut und referiert den neuesten Erkenntnisstand. Dabei wird nochmals sichtbar, dass die Ausgangslagen sehr unterschiedlich sind. In den Evangelien werden sowohl die Person Jesu wie auch der Inhalt seiner Verkündigung deutlich. Ja, eines ist nicht ohne das andere zu verstehen. Im Koran ist dagegen nur wenig historisch verwertbares Material greifbar. Und die späteren Zeugnisse über Mohammed sind mit Skepsis zu beurteilen. Wobei Gnilka hätte stärker herausarbeiten können, dass die Anwendung der historisch-kritischen Methode in der Erforschung des Koran und des Islam noch in ihren Kinderschuhen steckt, aber jetzt schon Anlass zu großen Hoffnungen gibt (s. z.B. das Forschungsprojekt Corpus Coranicum und die Veröffentlichungen von Angelika Neuwirth). Generell ist festzustellen, dass Gnilka naturgemäß zunächst in der christlichen Exegese und Jesusforschung zu Hause ist. Breiten Raum nehmen seine Überlegungen zur historischen Rückfrage nach Jesus ein. Da hat man manchmal Mühe, den roten Faden und das eigentliche Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Am Ende hat man dann aber doch einen zuverlässigen Überblick über das, was Jesus und Mohammed ausmacht. - Ein gut lesbares Buch, das nur zu empfehlen ist.
Rainer Boeck
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Wer waren Jesus und Muhammad?
Joachim Gnilka
Herder (2011)
330 S.
fest geb.