Das deutsche Datum
Im Vorwort greift Wolfgang Brenner die interessanten Fragen auf, ob es ein deutsches Muster für dieses Datum gibt, ob die Ereignisse eine gemeinsame Struktur aufweisen oder ob es zwangsläufig eine "tiefgründige Verbindung" zwischen ihnen gibt. In seinen sorgsam recherchierten und spannend erzählten Ausführungen erläutert der Autor detailliert zum einen die historischen Entwicklungen, die dem jeweiligen 9. November vorausgehen bzw. ihn begründen, und das konkrete Geschehen an diesem deutschen "Schicksalstag", zum anderen versucht er die kausalen Zusammenhänge der verschiedenen 9. November herauszustellen: 1848: Hinrichtung eines Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung, Ende der republikanischen Bestrebungen in Europa; 1918: Novemberrevolution, Ende der Monarchien, Ausrufung der Republik; 1923: gescheiterter Hitlerputsch in München; 1938: Reichspogromnacht; 1939: gescheitertes Attentat Georg Elsers; 1989: Öffnung der Berliner Mauer. Für Brenner reagieren alle diese Ereignisse konsequent aufeinander. Dass das rasante Erstarken der Rechten, die Zunahme von Aggression und Gewalt sowie der Hitlerputsch von 1923 eine Antwort auf die Revolution von 1918 und den Versailler Friedensvertrag waren, ist wissenschaftlich geklärt, dass sich aber die Reichspogromnacht von 1938 vor allem am Gedenken an den misslungenen Putsch von 1923 festmachen lässt und nicht am Attentat auf Ernst vom Rath durch Herschel Grynszpan, ist nicht überzeugend. Auch der direkte Zusammenhang zwischen 1918 und dem Mauerfall von 1989 ist z.T. nur schwer nachvollziehbar. Abgesehen davon gibt das Buch spannende Einblicke in die deutsche Geschichte des 20. Jh. Für alle Büchereien!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Das deutsche Datum
Wolfgang Brenner
Herder (2019)
319 Seiten : Illustrationen
fest geb.