Die Brandstiftung
"Wie kann immer noch ‚wahr' sein, was nicht wahr sein kann?" Mit dieser Frage benennt der Autor das seit Jahrzehnten schwelende Dilemma, in dem sich die historische Debatte um den Reichstagsbrand (27.02.1933), vor allem in Bezug auf Auftraggeber und Täter, befindet. Unbestritten ist dagegen die Tatsache, dass dieses Ereignis den Nationalsozialisten, die sich seit der Machtergreifung am 30.01.1933 auf die Umwandlung der Weimarer Republik in einen nationalsozialistischen Führerstaat konzentrierten, den Anlass lieferte, die in der Verfassung garantierten Grundrechte aufzuheben und jegliche Opposition auszuschalten. Obwohl die Nazis von Anfang an verdächtigt wurden, den Brand zur schnellen Durchsetzung ihrer Ziele initiiert zu haben, gaben diese die Schuld den Kommunisten, konkretisiert in der Person Marinus van der Lubbe, der in die Rolle des Alleintäters manövriert und nach einem bizarren Prozess hingerichtet wurde. Aber wer waren wirklich die Täter? Konnte ein Einzelner überhaupt diesen Brand verursacht haben? Aufgrund neuer Studien sowie spezieller Gutachten bearbeitet der Autor diese Fragestellungen akribisch und legt offen, dass die These der Alleintäterschaft nicht mehr haltbar ist, dass aber auch die absolut dagegen sprechenden Fakten nicht bzw. noch nicht detailliert aufgearbeitet oder einwandfrei zugeordnet zur Verfügung stehen und so einige Erkenntnisse zwar spekulativ bleiben, aber Historikern doch den Anstoß geben sollten, sich für eine historisch haltbare Revision der Alleintäterschaftsthese einzusetzen. - Sehr interessante, spannende und aufklärende, auf jeden Fall empfehlenswerte Lektüre!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Brandstiftung
Uwe Soukup
Heyne (2023)
208 Seiten : Illustrationen
fest geb.